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Folgender Artikel erschien am 07.September 2005 in der "Frankfurter Rundschau"":

 

 

Junge Lilien setzen Zeichen

Die Darmstädter Christian Beisel und Manuel Bölstler haben sich im Regionalliga-Duell gegen die Bayern als Alternativen bewährt

VON SEBASTIAN GEHRMANN

Christian Beisel, der junge Stopper, genießt das Bad vor der Menge und steht doch ungläubig auf der Aschenbahn vor der Haupttribüne am Böllenfalltor. Er strahlt über beide Ohren wie ein Honigkuchenpferd, berauscht vom Augenblick, doch bald wird er sich wieder unterordnen, zurück ins zweite Glied rücken müssen. "Als ich erfahren habe, dass es bei Abdoul (Thiam, derzeit verletzter Stammspieler in der Darmstädter Innenverteidigung, Anm. d. Red.) nicht geht, habe ich gewusst: Das ist deine Chance, und die musst du nutzen", sagt Beisel.

Reservisten haben es nicht leicht bei Bruno Labbadia. Der ehrgeizige Trainer des Fußball-Regionalligisten SV Darmstadt 98 rotiert nur selten, vertraut seinem Stamm, verlässt sich auf Routine, eine eingespielte Mannschaft. Experimentieren ist seine Sache nicht. Bankspieler wie Beisel warten oft Wochen, Monate auf den Tag, an dem sie länger als ein paar Minuten auffallen können. Die ziemlich genau 90 Minuten am Samstag gegen die hoch gelobte zweite Mannschaft des FC Bayern München haben gereicht, "um dem Trainer zu zeigen, dass ich da bin, wenn einer ausfällt". Neben dem erfahrenen und unerschütterlichen Dennis Grassow ackerte, hakelte und grätschte der unermüdliche Beisel, als ob er die vergangene Saison nicht anderes gemacht hätte. Tatsächlich aber hockte er die meiste Zeit auf der Bank, er nennt das "Lehrjahre, die ich noch vor mir habe". Im Sommer, in dem Wissen, auch zukünftig nur zum erweiterten Stamm zu gehören, Rollenspieler zu sein, der allenfalls in die Bresche springen wird, wenn etablierte Kräfte passen müssen, hätte Beisel sich nach einem Verein umsehen können, der ihm einen Platz in der ersten Elf garantiert. "Doch von den Trainingsbedingungen in Darmstadt kann ich nur profitieren", findet er.

Beisel, der vor zwei Jahren von Waldhof Mannheim zum 1. FC Eschborn wechselte, beim damaligen Überraschungsaufsteiger in der Regionalliga gesetzt war, um zwölf Monate später zum Traditionsverein aus Darmstadt zu kommen, fügt sich in seine Rolle, bietet sich an, ohne aus der Reihe zu tanzen. Vor dem Auftritt gegen die kleinen Bayern war er nicht nervös, "ich habe gelernt, nicht über Fehler nachzudenken, denn sonst passieren sie auch". Beisel hat versucht, "positiv zu bleiben, Spaß an der Sache zu haben". Dann, sagt er, "kann auch nichts schief gehen." Labbadia lobte hinterher den Auftritt des 23-Jährigen, "er hat sich richtig reingebissen". Der Trainer weiß um seine Alternativen, um den Konkurrenzkampf innerhalb der Mannschaft, der im besonderen Maße im Mittelfeld entfacht ist.

Einst als Rohdiamant gehandelt


Neben Beisel wusste in Manuel Bölstler ein weiterer Junger zu gefallen, den niemand auf der Rechnung hatte. An fast jeder sehenswerten Aktion war der Blondschopf beteiligt. Er lief viel, bot sich an, scheute keinen Zweikampf und unterstrich, "dass ich wieder zurück zu alter Form finde". Bölstler, 22, galt in der Talentschmiede des VfB Stuttgart neben den heutigen Nationalspielern Kevin Kuranyi und Andreas Hinkel als weiterer Rohdiamant, sein Wechsel zum holländischen Zweitligisten Cambuur Leeuwarden stand aber unter keinem guten Stern. Ein lange nicht erkannter Kreuzbandriss warf ihn aus der Bahn, zurück in Deutschland, verletzte er sich in einem Vorbereitungsspiel für die Lilien am Innenmeniskus Labbadia gab ihm Zeit, baute ihn über Einsätze im Reserveteam langsam auf. Geduld ist eine Tugend. Der ehrgeizige Trainer predigt sie jeden Tag. Mit den Hufen scharren, aber nicht ungeduldig werden, sich anbieten, ohne zu murren, sind keine Worthülsen.

 

 

Das Copyright für diesen Artikel liegt bei der Frankfurter Rundschau und Sebastian Gehrmann, dem wir für die Erlaubnis, diesen Artikel zu veröffentlichen, danken.

 

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